Warum ich aktuell keine Reitbeteiligung suche – ein persönlicher Kommentar
- Harriet Charlotte Schulz
- 11. Apr.
- 3 Min. Lesezeit

In letzter Zeit kam häufiger die Frage auf, warum ich mir keine Reitbeteiligung für meine Pferde suche, wo ich durch meine Schwangerschaft ja sowieso nicht reiten kann. Die Antwort ist eigentlich ganz simpel – aber sie passt vielleicht nicht ganz in das, was viele erwarten: Nein, das möchte ich aktuell nicht. Und das aus mehreren Gründen.
Der wichtigste Punkt zuerst: Pferde müssen nicht geritten werden. Das ist etwas, das wir als Menschen gern hineinprojizieren. Natürlich ist Reiten ein wunderbarer Sport – ich liebe ihn. Und natürlich habe ich meine Pferde auch gekauft oder gezüchtet, weil ich reiten möchte. Aber das ist eben mein Bedürfnis, nicht ihres. Pferde brauchen kein Turnier, keine Trainingseinheit, keinen Reitplan. Sie brauchen Platz, frische Luft, Heu, Wasser, eine funktionierende Herde, Sicherheit. Alles andere ist Zusatz. Und dieser Zusatz ist oft mehr für uns als für sie.
Ich höre dann Sätze wie: „Aber ein Pferd braucht doch Beschäftigung!“ – ja, natürlich. Aber Beschäftigung heißt nicht zwangsläufig Sport. Ein Pferd, das in einer Herde lebt, das sich täglich bewegt, das soziale Kontakte hat, das ab und zu am Boden gearbeitet wird, longiert wird, frei springt, spielt oder einfach mal nichts tut – das ist ein Pferd, das beschäftigt ist. Und das reicht. Gerade jetzt, wo sie nicht reitmäßig gefordert werden, sehe ich, wie sie sich trotzdem körperlich gut entwickeln – für ihren Alltag als Pferd. Sie sind keine Sportpferde gerade, aber sie sind Pferde. Und das ist der entscheidende Punkt.
Was viele dabei vergessen: Pferde definieren sich nicht über Leistung. Sie wissen nicht, ob sie auf S-Niveau gehen könnten, wenn man sie ließe. Das ist ein zutiefst menschliches Konzept – dieses „verschwendete Potential“. Ein Pferd ist nicht traurig, weil es sein Zuchtziel nicht erfüllt oder weil es „nur ins Gelände geht“, obwohl es die Qualität für den großen Sport hätte. Diese Sichtweise kommt von uns. Pferde vergleichen nicht. Sie träumen nicht davon, aufs nächste Turnier zu fahren. Wenn überhaupt, freuen sie sich über Abwechslung, über gute Kommunikation, über Bewegung, die sich gut anfühlt – völlig unabhängig von Lektionen oder Wertnoten.
Viele Pferde heute sind auf Leistung gezüchtet. Und ja, sie bringen Anlagen mit, die beeindrucken. Aber sie haben sich das nicht ausgesucht. Nur weil ein Pferd das Talent für M oder S hat, heißt das nicht, dass es leidet, wenn es „nur“ L geht oder vielleicht gar nichts macht außer über die Wiese zu traben. Wir sollten uns davor hüten, den Wert eines Pferdes über seinen sportlichen Output zu messen. Das hat mit Tierliebe nichts zu tun, sondern mit Ehrgeiz. Und der ist legitim – solange man ihn nicht den Pferden überstülpt.
Ich habe aktuell keine Reitbeteiligung, weil ich das Gefühl habe, dass meine Pferde sie nicht brauchen. Sie bekommen Bewegung, sie haben Struktur, sie leben im Sozialverband. Cosma, Lotti und Caesi werden zwischendurch locker geritten von Mädels aus dem Stall – nicht als Trainingsplan, sondern situativ. Die anderen pausieren weitestgehend. Und das ist okay für mich. Ich weiß, dass sie nicht still in der Box stehen und den Blick auf die Hallentür richten, in der Hoffnung, dass endlich wieder jemand reinkommt und eine Dressurstunde abruft. Pferden fehlt das nicht. Mir fehlt es. Und das ist der Unterschied.
Reiten ist – bei aller Liebe zum Tier – auch immer egoistisch. Das ist keine Wertung, sondern einfach Realität. Es ist unser Bedürfnis, nicht ihres. Und ich finde: Solange ich meine Pferde gut halte, sie respektvoll behandle, ihnen Ruhe, Kontakt und Bewegung ermögliche, ist es absolut vertretbar, sie auch mal einfach Pferd sein zu lassen. Ohne Anspruch, ohne Zweck, ohne Trainingsziel.
Was mir fehlt, ist das Reiten. Was ihnen nicht fehlt, ist das Reiten. Und das reicht mir im Moment völlig aus.
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