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Pferde-Herpes-Impfung: Risiko oder Schutz?

Die Herpes-Impfung beim Pferd ist eines jener Themen, das die Reiterwelt spaltet. Während die einen sie als essenziellen Bestandteil des Gesundheitsmanagements im Stall sehen, stehen andere ihr skeptisch gegenüber – sei es aufgrund von Zweifeln an der Wirksamkeit, möglicher Nebenwirkungen oder kursierender Berichte über angeblich neurologische Schäden. Fakt ist: Die Diskussion um die Herpes-Impfung ist emotional, kontrovers und nicht selten von Halbwissen geprägt. Umso wichtiger ist es, sich fundiert mit der Thematik auseinanderzusetzen.


Denn unabhängig von der persönlichen Meinung sollten Pferdehalter wissen, was das Equine Herpesvirus überhaupt ist, welche Risiken eine Infektion mit sich bringt, wie die Impfung wirkt – und ob sich der Aufwand tatsächlich lohnt. Auch der Kostenaspekt spielt natürlich eine Rolle, doch im Zentrum steht die Frage: Wie sinnvoll ist die Impfung wirklich – und für welche Pferde?

Was ist das Equine Herpesvirus (EHV)?


Beim Equinen Herpesvirus handelt es sich um eine weltweit verbreitete, hochansteckende Viruserkrankung bei Pferden. Es gibt mehrere Typen, aber vor allem zwei davon sind relevant:

  • EHV-1: verursacht Atemwegserkrankungen, Aborte bei tragenden Stuten und – besonders gefürchtet – die neurologische Verlaufsform, die sogenannte Equine Herpesvirus-Myeloenzephalopathie (EHM).

  • EHV-4: meist milderer Verlauf, verursacht vorrangig Atemwegserkrankungen, selten Aborte.

Einmal infiziert, bleibt das Virus ein Leben lang im Körper des Pferdes und kann jederzeit reaktiviert werden – etwa durch Stress, Transport, Turnierbesuche oder Stallwechsel. Diese latente Infektion macht Herpes so tückisch, da ein Pferd ohne sichtbare Symptome zum Überträger werden kann.


Wie gefährlich ist die Herpes-Infektion wirklich?


Während viele Pferde nach einer Herpesinfektion nur milde Symptome zeigen – Fieber, Nasenausfluss, Husten – können die Folgen dramatisch sein:

  • Tot- oder Fehlgeburten im letzten Drittel der Trächtigkeit

  • Epidemien im Stall, vor allem bei Jungpferden oder tragenden Stuten

  • Neurologische Symptome: von leichter Koordinationsstörung bis hin zu Lähmungen oder Festliegen

Die neurologische Verlaufsform EHM ist selten, aber besonders gefürchtet. Eine Heilung gibt es nicht – die Behandlung ist rein symptomatisch. Einige Pferde erholen sich vollständig, andere bleiben dauerhaft geschädigt oder müssen eingeschläfert werden.


Wie wirkt die Herpes-Impfung?


Die Herpes-Impfung ist kein „Rundumschutz“, aber sie kann:

  • die Virusausscheidung deutlich reduzieren

  • den Verlauf der Erkrankung abmildern

  • Aborte verhindern

  • den Infektionsdruck im Bestand senken

Daher wird die Impfung häufig als Bestandsimpfung empfohlen – je mehr Pferde geimpft sind, desto geringer ist die Ansteckungsgefahr für alle.

Empfohlen wird laut StIKo Vet:

  • Grundimmunisierung: zwei Impfungen im Abstand von 4–6 Wochen

  • Auffrischung: alle 6 Monate, da der Impfschutz relativ kurz anhält

  • Bei tragenden Stuten: spezielle Impftermine im 5., 7. und 9. Trächtigkeitsmonat


Harte Kritik: Kann die Impfung neurologische Schäden verursachen?


Ein häufiger Kritikpunkt ist die Sorge, die Impfung könne selbst neurologische Erkrankungen auslösen. Tatsächlich existieren keine wissenschaftlich gesicherten Belege, dass die Herpesimpfung beim Pferd eine EHM auslöst.


Was aber passieren kann: Ein Pferd, das bereits latent Herpesviren trägt, kann durch Stress oder Immunbelastung – auch durch eine Impfung – eine Reaktivierung des Virus erfahren. Dann wird nicht die Impfung, sondern die latente Infektion wieder aktiv. Dies ist ein wichtiger Unterschied, der leider oft missverstanden wird.

Quelle: Ständige Impfkommission Veterinärmedizin (StIKoVet), Friedrich-Loeffler-Institut – Impfempfehlungen: https://www.fli.de/de/themen/tiergesundheit/tierimpfstoffe/

Was spricht für die Impfung – und was dagegen?


Vorteile:

  • Schutz vor Aborten

  • Reduzierung von Virusübertragung

  • Risikominimierung in großen Beständen oder bei Turnierpferden

  • Pflichtimpfung bei manchen Turnieren (z. B. FN-Turniere)

Nachteile:

  • Regelmäßige Kosten (2x jährlich)

  • Kein vollständiger Schutz gegen EHM

  • Mögliche Impfreaktionen (Fieber, Mattigkeit, Schwellung)

  • Diskussion über Wirkung bei einzelnen Tieren – individuelle Risikoabwägung nötig


Fazit: Eine Entscheidung mit Augenmaß


Die Herpesimpfung ist kein perfekter Schutz – aber in vielen Fällen ein sinnvoller Baustein im Gesundheitsmanagement. Wer einen größeren Bestand hat, tragende Stuten betreut oder regelmäßig zu Turnieren fährt, wird kaum um die Impfung herumkommen. Bei kleinen, stabilen Pferdegruppen kann man individuell abwägen. Wichtig ist: Die Impfung ersetzt kein gutes Hygienemanagement, aber sie kann das Risiko spürbar reduzieren.

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Aus seinen Ursprüngen als Blog hervorgegangen, hat sich Harriet Jensen zu einem führenden Reitsportmagazin entwickelt. Unsere Publikation widmet sich der Bereicherung des Reitsport-Lifestyles mit einem Schwerpunkt auf das Wohlergehen der Pferde und artgerechter Haltung und Pflege. Wir bieten eine Plattform, auf der Luxus und Praktikabilität für Pferd und Reiter nahtlos zusammenkommen. Erhalten Sie wertvolle Einblicke von angesehenen Pferdemenschen durch Artikel, die darauf ausgerichtet sind, Ihre Reitsportreise zu bereichern.

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